Werner Overstolz – Woher wir das alles wissen…

Overstolzenstraße

Woher wir das alles wissen…Letzte Woche kam die Frage auf, woher wir das alles überhaupt wissen, was wir hier schreiben. Natürlich, weil Menschen all dies aufgeschrieben haben. Danach haben wieder andere Menschen diese Schriftstücke zusammengetragen, gelesen, die Kerne der Aussagen zusammengefügt und wieder aufgeschrieben, diesmal in Büchern. Und diese Bücher lesen wir jetzt. Aber am Anfang war immer ein Mensch, der nicht wollte, dass das, was er weiß, mit ihm stirbt. Bei den Overstolzen zum Beispiel, war es Werner Overstolz.

Wer war Werner Overstolz?

Werner Overstolz lebte im 15. Jahrhundert von 1416 bis 1493. Er stand fest am Ende einer Reihe von berühmten Vorfahren aus der Rheingasse, über die ich in den letzten drei Wochen erzählt habe. Auch wenn er seit 1444 Deutschordens-Ritter war, war das Ansehen und das Einkommen der Familie längst nicht mehr das, wie hundertfünfzig Jahre zuvor. Die Zeiten waren andere geworden. Die Patrizierfamilien, die Geschlechter, hatten nicht mehr den Einfluss, wie zu den Zeiten, in denen ein Matthias Overstolz oder ein Gerhard Overstolz gelebt haben. 1396 waren die Gaffeln an die Macht gekommen – besser: die Gaffeln haben sie sich genommen.

Warum schreibt er ein Familienbuch?

In Köln bekannt ist Werner Overstolz, weil er ab 1444 ein Familienbuch geschrieben hat. Aus diesem Buch ziehen wir heute einen Teil der Erkenntnisse, aus denen wir uns ein Bild von dieser Zeit machen. Ich glaube nicht, dass er 1444 schon wusste, dass diese Linie der männlichen Overstolzen aus der Rheingasse mit seinen Söhnen ausstirbt. Das konnte er, als er anfing zu schreiben, noch nicht wissen.

Aber er wusste nur zu genau, man kann auch sagen, er musste ertragen, dass die Macht nicht mehr den Patriziern von Köln gehörte. Die Gaffeln hatten jetzt etwas zu sagen. Das war keine große Krise – nein, der Kampf war verloren, der Glanz der Familie war verloren. Und an wen? An die Menschen, die noch nie groß etwas zu sagen hatten, einfache Bürger. Die, die mit ihren Händen Geld verdienen mussten und mit ihren Händen diese große Tradition einfach so zerstört hatten.

Tradition macht den Unterschied!

Die Tradition, diese lange Reihe von Vorfahren, die möchte er seiner Familie hinterlassen. Er schreibt haarklein auf, wo all die Overstolzen begraben sind, was die Familie den Stiften von Köln all für ein Vermögen vermacht hat und noch viel mehr. Wie weh ihm das getan haben muss, belegt für mich, dass er den Stammbaum nicht nur bis Gottfried Overstolz zurückführt.

Gottfried war ja der Gewandschneider, der im 12. Jahrhundert mit Geschick sein Geschäft geführt und schlau geheiratet hat. Er gilt heute noch als Gründer des Geschlechts. Nein, Werner Overstolz erinnert sich der alten Sage, in der 15 römische Familien von Kaiser Trajan in das Rheinland gesandt worden sind, um hier die Colonia Claudia Ara Agrippinensium zu gründen – unser Köln. Er führt die Blutlinie bis auf eine römische Familie zu der Zeit des Kaiser Trajans zurück!

Trajan? Warum jetzt der?

Wenn man sich schon in einer großen Tradition sieht, ist Kaiser Trajan geschickt gewählt. Er war vom Jahr 98 bis zum Jahr 117 Kaiser in Rom. Unter ihm war Rom am größten. Das ist jetzt vor allem von der räumlichen Ausdehnung her gemeint. Aber Trajan galt auch als gerecht und weise – ein Patriarch, der wie ein Vater über sein Volk gewacht hat.

Es ist doch ein Trost, wenn man zeigen kann, dass die eigene Familie von so einem Kerl den Auftrag bekommen hat, Kultur ins Rheinland zu bringen. Und kann man nicht auch die Taten, die gerade Matthias und Gerhard Overstolz vollbracht haben, genau in diesem Licht sehen? Ist diese Tradition nicht ein Trost für die, die nach Werner Overstolz vielleicht noch kommen?

Sind wir nicht alle ein wenig „Overstolz“?

Die Geschlechter, die Overstolzen, aber auch die Aduchts, die Bircklins, die Grins, die Gyrs, die Hardevusts, die Hirtuelins, die von Horns, die Judes, die Kleindedanks, die Lyskirchens, die Quattermarts, die Scherfgins und die von Spiegels sind doch nicht fortgezogen. Die Nachkommen leben doch hier unter uns und sind über die Jahrhunderte sicher nicht unter sich geblieben.

Kann man hier in Köln geboren sein, ohne, dass etwas vom Blut oder zumindest etwas vom Stolz dieser Familien, von der kölschen Tradition in Dir und mir steckt? Hat uns Werner Overstolz mit diesem Buch nicht auch erklärt, dass Du und ich, wir alle nur deswegen hier sind, weil Kaiser Trajan dies so haben wollte? Mir gefällt dieser Gedanke.

Michael

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Stoßt Ihr durch diesen Beitrag erst auf die Overstolzen oder wollt die vorhergehenden Texte nochmal lesen? :Matthias Overstolz: https://koelschgaenger.net/die-overstolzen-in-koeln/

Gerhard Overstolz: https://koelschgaenger.net/die-schlacht-an-der-ulrepforte/

Das Overstolzen-Haus: https://koelschgaenger.net/wo-haben-die-overstolzen-gelebt/

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