Nikolaus von Verdun

Links seht ihr Nikolaus von Verdun

Niemals geht man so ganz…

Niemals geht man so ganz, ein kleines Stück von dir bleibt hier.“ Dieses Lied, 1987 von Trude Herr gesungen und nach ihrem Tod noch öfter in Gedenken an sie gesungen, geht mir ab und an durch den Kopf.

Selbstverständlich meint sie es nicht materiell. Trotzdem kam mir dieses Gefühl, als ich in jungen Jahren Aushilfsjobs angenommen habe. Eine Schreinerei war damals dabei. Zusammenbauen, aufhängen, reparieren, Messebau, Ausstellungen vorbereiten, Dachböden isolieren, all das waren die Aufgaben. Überall in Köln blickte ich auf Spuren meiner Arbeit. Keine Angst, der Geselle hat gut auf mich aufgepasst. Auf ein Werk zurückzublicken hat doch etwas Erfüllendes, oder? Man hinterlässt ein wenig von sich.

Wer war das überhaupt?

Sicher wissen mehr Leute auf dieser Welt, wer ich bin, als wissen, was ich alles geschaffen habe. Total klar. Aber manchmal ist es anders. Da weiß man genau, wer etwas gemacht hat, aber nicht, wer er war. Zum Beispiel der Dreikönigenschrein. Viele wissen, Nikolaus von Verdun war es. Und was wissen wir von ihm? Logisch, ein Goldschmied war er. Und jetzt findet mal bitte jemanden, der mehr weiß.

Nicht einmal sein Geburtsjahr ist klar. Zwischen 1130 und 1140 muss es gewesen sein. Eine Zeitspanne von zehn Jahren! Es ist auch gar nicht sicher, dass er „von Verdun“ ist. Er hat eben den Namen und das lässt auf die Stadt in Lothringen schließen. Sicher ist das nicht.

Wir wissen zumindest, was er getan hat

Einen Namen hat er sich mit seinen feinen Goldschmiedearbeiten an der Kanzelbrüstung der Stiftskirche von Klosterneuburg an der Donau gemacht. Vollendete Kunst. Auf Wunsch des Erzbischofs Philipp von Heinsberg ging er daraufhin vermutlich ab dem Jahr 1181 die Arbeit am Dreikönigenschrein an. Und zumindest die vierzehn Propheten, Priester und Könige an den Längsseiten des Schreins sieht man als seine eigene, höchstpersönliche Arbeit an. Der Rest des Schreins wurde in seiner Werkstatt vermutlich von seinen Angestellten gefertigt.

Die letzten Arbeiten am Schrein fanden um das Jahr 1230 statt. Nicolaus von Verdun war zu diesem Zeitpunkt längst tot. Er selbst muss nach 1191 nach Tournai gegangen sein und den dortigen Marienschrein um 1205 fertiggestellt haben. Auch diese Arbeit ist nachweislich von ihm. Dann verliert sich seine Spur. Sein Todestag wird mit „nach 1205“ beziffert.

Leben, über den Tod hinaus

Versteht ihr? Der Mensch kommt aus dem Dunkel des Nichts, erschafft ein Werk, mit dem er sich auf eine Stufe mit Donatello, Michelangelo und Rodin stellt und verschwindet wieder – im Nichts. Jeder kennt seinen Namen, sein Werk. Er hinterlässt ein Stück Weltkultur, dass mehreren Millionen Menschen wohlbekannt ist und wahrscheinlich bleiben wird, aber keiner weiß etwas mehr über diese Person?

War er sich eigentlich bewusst, was er da geleistet hat? Wie hat er auf sein Werk zurückgeblickt? Hat er zurückgeblickt? Oder hat er nur nach vorn gesehen, um das nächste Werk anzugehen?

Unsterblich, ohne dass jemand weiß, wer du bist? Ein bisschen Gänsehaut macht mir das schon.

Michael

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