
„Klack, klack, klack, klack, klack.”- Pause – “Klack, klack, klack, klack, klack”. Dieses Klackern, als wenn kleine Hölzchen aneinanderschlagen, ist das Geräusch, welches ich höre, wenn ich durch die Wahner Heide spaziere. Ich höre es nicht immer, aber ab und an doch. Meist ist es weit fort und in der Nähe des Flughafens oder der Autobahn, so dass man es nicht genau ausmachen kann. Heute, heute jedoch, habe ich Glück. Da ist es! Direkt neben mir, hinter einer Hecke…
Ich ducke mich etwas und schleiche mich an die Hecke an. Dort sehe ich kleine Kegelchen kreuz und quer liegen, die kurz darauf verschwinden, nur um dann wieder ordentlich aufgereiht dort zu stehen. Auf einmal kommt eine Kugel angeflogen und die Kegelchen fallen wieder durcheinander. „Verrückt“, denke ich „hier kegelt doch jemand… Aber wo ist er?“. Als die Kegel wieder dort stehen, hüpfe ich hinter dem Grünzeug hervor, schnappe mir zwei von diesen kleinen Kegelchen, halte sie in die Höhe und sage „So, und nun, wer kegelt hier? Zeig dich!“
„Gib mir meine Kegel wieder!“ schreit eine hohe Stimme, die sich fast überschlägt.
„Ich will doch nur sehen, wer du bist und etwas reden“, versuche ich die Stimme etwas zu beruhigen. Und dann, was soll ich sagen, steht direkt vor mir ein kleines Männchen, welches ein Gesicht hat, als wenn es über 1000 Jahre alt ist. In seinem rechten Händchen hält es einen Hut, der so lang ist, dass beide Enden über den Boden schleifen. Das Männchen kneift die Augen zusammen und guckt fies aus der Wäsche. Ich bin wie vom Donner gerührt und bekomme fast Angst. „Hup… Huppet Huhhot!? Ist das wahr!? Das letzte Heinzelmännchen?“
Er kreischt „Mein Name ist nicht Huppet Huhhot! Mit dem schrecklichen Namen hat mich immer Peterchen, der garstige Bengel vom Brunnenhof aufgezogen, weil ich nicht richtig laufen kann und es aussieht, als wenn ich immer ein bisschen hüpfe, weil ich humpeln muss.“
„Ja,“ sage ich „Kinder können sehr gemein werden. Da hast du recht.“
„Was heißt hier Kinder? Die Menschen sind schlecht. Immerhin hat die Schneidersfrau Erbsen auf die Treppe gestreut, als wir gerade zur Arbeit gingen. Wir sind alle fies hingeschlagen und seitdem ist mein Fuß kaputt, so dass ich bleierne Schuhe tragen muss, damit ich sicher stehen kann. Und die Alte ist auch schuld, dass ich meine Freunde nicht mehr gefunden habe. Und du hast immer noch meine Kegel in der Hand!“
„Ja, da hast du auch recht“, sage ich etwas verschämt und halte ihm einen der Kegelchen hin. „Aber es heißt, dass du auf dem Hof auch nicht nett warst und die Knechte und Mägde sehr gezankt hast.“
„Zugegeben, aber weißt du, wie wütend ich war? Kannst du dir das vorstellen? Wir wollten doch nur das tun, was ihr Kölschen ja nicht gerade erfunden habt: arbeiten. Und dann sowas! Kommt die Alte und bewirft uns mit Erbsen!“
„Ja, aber man sagt, das kannst du auch ganz gut. Das steht in einem Buch über den Brunnenhof am Bayenturm geschrieben“, provoziere ich ihn etwas.
„Ja, von wem habe ich das gelernt? Von euch. Wenn einem etwas nicht passt, mit Erbsen werfen. Das könnt ihr ganz gut. Und klar, da habe ich Peter dann auch mal eine Hand voll ins Gesicht geschmissen. Der freche Lümmel.“
„Ich kann dich beruhigen, mittlerweile sind wir bei Bonbons angekommen. Aber ist das richtig, dass man dann versucht hat, dich wie einen Geist auszutreiben, um dich los zu werden?“
„Ja, hat direkt wieder eine Faust Erbsen gegeben. Aber das habe ich doch vor ein paar Jahren Margareta Schumacher erzählt. Sie wollte das doch klarstellen und eine kleine Geschichte dazu schreiben. Hat sie das nicht getan? Da war doch der Pastor, der auf einmal im Garten stand und er war ein echt feiner Kerl! Der Erste, der mich mal gefragt hat, was los ist und wie er mir helfen könnte. Und er hat mich aus der Stadt hierhin gebracht. Er hat mir auch das Kegelspiel und meine neuen Schuhe geschenkt. Er hat mich gefragt, was ich gern tun würde. Mit dem konnte man reden! Ihm konnte ich sagen, dass ich Wald und Heide mag.“
„Ja und jetzt?“, frage ich.
„Ja und jetzt! Ja und jetzt! Das siehst du doch! Ich kegele und warte, dass die anderen Heinzelmännchen wiederkommen.“
„Och!“, sage ich „das tun wir Kölschen auch! Warten, dass die Heinzelmännchen zurückkommen. Falls du sie triffst, sag ihnen, es gibt viel zu tun und die Kölschen sind sicher zu faul, um euch nochmal zu belästigen“ und halte ihm dabei den letzten Kegel hin. Den greift er sich behände, wird unsichtbar und gibt mir einen Stoß – mit was auch immer – an dem Hintern. Danach verschwinden auch die anderen Kegelchen und alles ist ganz still. Ich bin wieder allein.
„Das war jetzt aber ungeschickt. Du weißt immer noch nicht, wie er wirklich heißt!“ Es ist aber klar, dass ich euch einfach erzählen muss, was mir da beim Spaziergang widerfahren ist. Von wegen Grinkenschmied in Höhenhaus, über den Ronald und Elisabeth schon erzählt haben. Das letzte Heinzelmännchen lebt in der Wahner Heide. Das weiß ich jetzt.
Als ich nachschlage, finde ich die Erzählung auch in einem alten Buch, das hier im Regal steht. Ach, Margareta Schumacher gibt die Ereignisse so wieder, wie das Heinzelmännchen es mir selbst erzählt hat. Interessant. Den Namen „Huppet Huhhot“ schlage ich nach und stoße bei Adam Wrede darauf, dass „Huppet“ ein altes Wort für den Hintern ist. Stellt euch vor, wie gemein Peterchen vom alten Brunnenhof in der Nähe des Bayentors wirklich war! Ich mag den Namen „Huppet Huhhot“ nicht mehr schreiben oder sagen.
Liebe Leute, falls ihr in der Wahner Heide auch mal auf das Heinzelmännchen trefft – man muss ja nur auf das Klackern der Kegelchen hören -, bitte zeigt euch von eurer besten Seite, damit er bei den anderen Heinzelmännchen bloß gut über die Kölschen spricht. Wir können sie brauchen.
Michael
Die Geschichte vom Höhenhauser Grinkenschmied, die ich anspreche, findet ihr von Elisabeth erzählt hier: https://koelschgaenger.net/…/koelns-letztes-heinzelmaennch…/
Ronalds Version findet sich hier: https://findpenguins.com/…/footprint/5cb1ccc6917a61-21350998
Wer diese kleine Geschichte über Huppet Huhhot im Original lesen möchte, findet sie im Buch von Margareta Schumacher „Kölsche Lück un Hellije“, erschienen 1994 im Greven Verlag, ISBN´: 3774302790. Achtung! Das Buch ist auf kölsch geschrieben.
Das Buch ist ganz sicher in der Bibliothek der Akademie för uns kölsche Sproch zu finden. Wo diese ist, seht ihr hier: https://www.koelsch-akademie.de/…/footer-l…/oeffnungszeiten/
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