
Overstolzenhaus, Dir hat man auch was angetan. Du stehst in der Rheingasse, dicht gedrängt zwischen lustlosen Zweckbauten der Nachkriegszeit, ob zum Wohnen oder ein wenig Gewerbe. Dein Gegenüber wendet Dir gar den Popo zu und -mit Verlaub – besser riecht es an der Stelle meist auch nicht.
Die beste Chance, Dir gewahr zu werden, hat man, wenn man, wie ich letztens, eher zufällig vom Heumarkt durch das kleine „Börsengässchen“, das neben der „Malzmühle“ auf Dich zugeht.
Wie selten prächtig Du da stehst. Gut, Du hast ja auch Deine Geschichte. Der Name sagte es schon: das Patriziergeschlecht der Overstolzen will ein repräsentatives, romanisches Gebäude, in dem sie wohnen und wirken können, dass sie schon in der Erscheinung über alles stellt. Im Jahre 1230 bist Du fertig.
Im Erdgeschoss arbeitet die Familie und empfängt die Mächtigen und Geschäftsleute. Der erste Stock ist noch gastlicher, mit einem großen Saal für die gesellschaftlichen Notwendigkeiten. Die vier Stockwerke darüber, die durch den wunderbaren Stufengiebel geziert werden, sind schon der Warenlagerung vorbehalten. Was für eine Fläche!
Man meint ja, eine so reiche Familie hält an einem solchen Bau fest. Aber nein, bereits ein Jahrhundert später, 1337, erwirbt das Patriziergeschlecht der Hardefusts Dich, nur um Dich nach ähnlicher Dauer wieder zu verkaufen. So bietest Du über die Jahrhunderte vielen Familien eine Herberge. Lediglich ein Besitzer möchte Dich im Jahr 1794 glatt einreißen. Der feine Hausherr setzt sich aber ab, als Napoleon vorbeischaut. Was ein Glöck!
Es sind nicht Deine besten Jahre. Im Jahre 1838 erwirbt Dich der Rat der Stadt Köln, nachdem Dein neuer Besitzer schon wieder mit dem Abriss liebäugelt. Sie investieren in eine Renovierung und schaffen so Platz für die „Industrie- und Handelskammer“ und die Börse. Aha! Daher kommt der Name des kleinen Gässchens, das zu Dir führt.
Natürlich, der Krieg macht alle gleich – kaputt. So zwingt er auch Dich 1942 in die Knie. Der Rat hält an Dir fest. Er weiß um den Schatz und baut Dich aufwändig wieder auf. Jetzt ist die „Kunsthochschule für Medien“ Dein Gast.
Und so stehst Du, als ältestes erhaltenes Patrizierhaus der Stadt Köln, bis in diese Tage prächtig in einem Umfeld, das an Vornehmheit nicht mit Dir mithält. Schon wenn man versucht, Dich in ein Bild zu bannen, muss man, klein, wie man ist, zu Dir aufschauen, nur um festzustellen, dass man Dich in Deiner Gänze eben nicht auf dieses bekommt, wie Du Dich stolz in den Himmel reckst.
Aber am Ende ist das ja schon 1230 die Absicht – Overstolz eben.
Michael
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