
Nein, ich rede nicht vom Spazierengehen, anstatt zu wandern, ich meine das Lustwandeln. Ist nicht möglich in Köln? Alles zu voll? Es fehlt an entsprechenden Parkanlangen? Ich möchte den Botanischen Garten nicht klein reden, aber ja, in Köln, möchte ich behaupten, gibt es wenige Möglichkeiten hierzu – aber direkt vor den Toren der Stadt…
Eigentlich wollen wir, meine Frau und ich, nur raus. Aber wohin? Es ist warm, leicht schwül. Alles, was eine nette Wasserfläche in Köln hat, ist recht voll und irgendwie wollen wir ein wenig unter uns sein. „Du, wann waren wir eigentlich zuletzt in Brühl, im Schlosspark?“ – „Au ja!“
Wir haben es einfach mal wieder gemacht. Und es ist wunderbar, was Clemens August da hat erschaffen lassen und was das Land NRW uns mit diesem Weltkulturerbe bewahrt.
Clemens August? Das ist etwas salopp. Ich spreche vom Erzbischof von Köln und Kurfürst Clemens August von Bayern. Er ist im Jahr 1700 geboren und macht eine großartige Karriere. Bereits mit 16 wird er Bischof von Regensburg, sammelt weitere Titel und wird mit 23 Erzbischof von Köln und Kurfürst. Für mich als Laien klingt das immer so abstrakt.
Was hat das zu sagen? Mir wird es so erklärt: er herrscht alles in allem über eine Fläche, die ungefähr so groß ist wie Nordrhein-Westfalen. Als Erzbischof steht auf geistlicher Seite nur der Papst und auf weltlicher Seite nur noch der Kaiser. Und dieser wiederum ist ab 1742 sein Bruder, Kaiser Karl VII.. Ist das Macht?!
Im Jahr 1725 beginnt Clemens August, die Ruinen einer alten Wasserburg in dieses Schloss zu verwandeln. Diese Wasserburg lässt einer seiner Vorgänger, Erzbischof Siegfried von Westerburg, von 1284 bis 1298 erbauen. Das Bollwerk hat er nötig, ist er doch im ewigen Zwist mit der Stadt, wie wir in der ein oder anderen Geschichte hier noch schildern werden. 1689 wird diese Burg dann zur Ruine, als sie im pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen gesprengt wird.
Eine schöne Basis für die Architekten, dieses Barock-Schloss anzulegen. Diesmal ist es nicht als Trutzburg, sondern eher als Demonstration der Macht und des Reichtums gedacht. Und das ist ihm wohl gelungen. Vieles erinnert mich an meinen Besuch vor Jahren in Versailles, auch wenn es hier natürlich etwas kleiner ist.
Clemens August von Bayern erlebt die Fertigstellung nicht mehr. 1761 verstirbt er. Sein Lieblingspalast ist aber erst 1768 fertiggestellt. Aber immerhin hat er das Treppenhaus im Jahr 1746 gesehen. So gern hätte ich es fotografiert und euch gezeigt. Es ist nicht erlaubt. Aber eigentlich ist es so auch nicht schlecht. Fahrt selbst hin und schaut es euch an. Selbst in diesem Raum zu stehen ist schöner, als ein Bild zu betrachten.
Und dann könnt ihr auch lustwandeln, im Schlosspark. Gepflegte Gartenarchitektur und schattige Plätzchen in verstohlenen Winkeln werdet ihr finden. Es ist nicht verboten sich auf den Rasen zu setzen und ich denke, auch gegen ein kleines Picknick, wie es in Versailles üblich ist, ist nichts einzuwenden. Diese ungezwungene, freundliche Leichtigkeit überträgt sich schnell.
Der Parkplatz am Bahnhof war übervoll, als wir da waren. Auf dem weitläufigen Gelände verlaufen sich die Menschen aber. Und warum mit dem Auto? Mit dem Fahrrad sind es von der Mitte Kölns mal gerade um die 16 Kilometer und mit der Linie 18 bis Brühl Mitte nur noch ein paar hundert Meter quer durch den Ort. Und wenn man ganz feist ist, fährt man mit der Regionalbahn quasi direkt in das Schloss hinein, wie es 1844 Queen Victoria getan hat. Es hat einen eigenen kleinen Bahnhof. Toller Sonntagsausflug!
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