
Vielleicht kann man in dieser trüben Zeit ein wenig zur allgemeinen Erheiterung beitragen, wenn man ein wenig von seiner eigenen Unzulänglichkeit, oder wie immer man das nennen möchte, preisgibt. Es gibt Momente, da sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht…oder man übersieht Dinge, weil sie zu klein sind, diese nicht unmittelbar ins Auge stechen. Oder – man ist so fixiert auf etwas anderes, dass man sich hinterher fragt: wie konnte ich das Riesending nicht wahrnehmen? So ist es mir ergangen…
„Im Römisch-Germanischen Museum“
Wer unsere Geschichten verfolgt, hat bestimmt schon mal festgestellt, dass ich ein Fan der Geschichte dieser Stadt bin. Besonders von der römischen und mittelalterlichen. So stattete ich vor einiger Zeit, als es noch in vollem Umfang zu besichtigen war, dem Römisch-Germanischen Museum einen Besuch ab. Nicht ohne Hintergedanken, denn ich hatte vom Dionysos-Mosaik gelesen und wollte dieses nun unbedingt selbst sehen.
Ich muss einen regelrechten Tunnelblick gehabt haben, denn als ich die Stufen zu diesem Mosaik hinunterging, befand sich ein anderes Ausstellungsstück, dieses riesige, monumentale Grabmal, genau mir gegenüber. Aber: ICH HABE ES NICHT GESEHEN. Im Gegenteil, ich war erstaunt, als ich dann von meiner Begleitung gefragt wurde, wie ich denn dieses Grabmal fand. Ich fragte: „welches?“ Der Blick, der mich daraufhin traf, sprach Bände, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt. „Das, an dem du gerade vorbei gegangen bist?“
„Wovon sprach er?“
Ich habe mich umgedreht und bin zurückgegangen, um zu sehen, wovon er sprach. DAS war peinlich. Denn dieses Grabmal kann man, im Normalfall, nicht übersehen. Nicht mal aus Versehen. Aber genau das war mir passiert…
Wer aber war das nun eigentlich, der sich da hat so verewigen lassen? Das bin ich ihm wohl nun schuldig, etwas über ihn zu erzählen, wo ich ihn schon so ignoriert hatte.
„Ein Römer, was sonst“
Wie ihr an der Überschrift schon feststellen könnt, befinden wir uns nun also im römischen Teil der Geschichte. Die Professorin J.M.C. Toynbee, eine Archäologin, die auf ihrem Gebiet damals eine Koryphäe war, beschrieb kurz vor Weihnachten 1967 dieses Grabmal so und ich zitiere: „Es ist in der Tat ein höchst eindrucksvolles und bedeutendes Monument, seit vielen Jahren der großartigste Fund seiner Art in den nördlichen Provinzen“.
Dieses Monument ist bereits in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden. Da Lucius Poblicius es für seine Familie und sich hat errichten lassen, geht man davon aus, dass er sehr wohlhabend gewesen sein muss. Wie er zu diesem Reichtum gekommen ist, kann ich euch leider nicht genau sagen, nur als Veteran einer Legion hätte er sich so etwas niemals leisten können. Josef Gens, einer der „Finder“ des Grabmals, forschte jahrelang dazu und kam zu dem Schluss, dass Lucius Weinhändler wurde und Kämpfe in der Arena veranstaltete, was zu seinem Reichtum geführt haben sollte.
Zu den heute sichtbaren Figuren besteht wohl die Frage, wer von ihnen als Bauherr Lucius Poblicius in Frage kommt, ob es die Zentralfigur ist oder die männliche Figur, bzw. was davon erhalten ist, daneben. Es heißt auch, die Zentralfigur wäre nicht er selbst, sondern der von ihm freigelassene Sklave. Unabhängig davon beeindruckt allerdings der bloße Anblick, immerhin misst das „Ungetüm“ ca. 15 Meter, so dass für uns als Laien die Reihenfolge der Figuren eher eine untergeordnete Rolle spielen dürfte.
„Das Entdecken“
Eben fiel der Name Josef Gens…und da kommen wir zu dem Punkt, wo man dieses Grabmal, bzw. die Einzelteile eigentlich gefunden hat. Es ist kein Geheimnis, dass man in Köln, egal wo man gräbt oder jemals gegraben hat, auf irgendetwas römisches stößt. So war es auch hier.

Im Jahre 1964 wollte der Vater von Josef Gens das Fundament für einen Neubau seines Geschäftes in der Südstadt errichten. Josef und sein Bruder Heinz halfen dabei, als sie plötzlich auf etwas stießen. Es war der erste Steinquader, den sie fanden und bereits da wussten sie wohl, dass er sehr alt sein musste. Mit einigen weiteren jungen Leuten gruben sie tiefer und fanden noch weitere Quader, was sie daraufhin dem Römisch-Germanischen Museum meldeten, welches selbst noch ganz am Anfang stand. Den jungen Leuten wurde verboten, fortan weiter zu suchen. Nachdem aber lange Zeit von Seiten des Museums nichts passierte, machte sich Josef Gens mit Hilfe seiner Freunde wieder an die Arbeit.
Über ein Jahr lang beförderten sie Wochenende für Wochenende ein Teil nach dem anderen nach oben in den Keller und setzten das Grabmal zusammen. Dieser Keller diente nun, weil das Besitzrecht beim Finder lag, für einige Jahre als Museum, welches in dieser Zeit mehr als stolze 15000 Besucher aufweisen konnte. Im Jahre 1970 verkauften Gens‘ das Fundstück an das Römisch-Germanische Museum für ungefähr 500.000 Mark.
Warum ich euch das erzähle, jetzt, wo das Museum geschlossen hat? Ganz einfach, ihr könnt es euch auf der Seite des Roncalliplatzes durch die Scheibe ansehen. Es ist nicht zu übersehen (Ironie aus).
Bis bald, eure Ramona
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