
Samstag war es wieder so weit. Eng ist es, das Spiel. Und doch, der FC schießt das Eins – Null. Wir liegen uns in den Armen… Auf einmal räuspert sich mein Freund und sagt trocken „Mer sin noch nit lans Schmitz Backes.“ und setzt sich wieder.
Ich muss schmunzeln. Nein, „wir waren noch nicht an der Bäckerei Schmitz vorbei“. Schmunzeln muss ich, weil er einen meiner Lieblingsausdrücke verwendet, den ich nur noch selten höre.
Jetzt mal ehrlich, gibt es einen kölscheren Ausdruck als diesen? Gut,“ Kölle Alaaf“. Aber noch einen? Ich meine, wer einige Zeit im Rheinland wohnt, kennt ihn und weiß ihn zu deuten. Den Ausdruck in seiner Dramatik eine Dritten zu erklären, ist doch aber schwierig und die direkte Übersetzung ist, vorsichtig gesagt, unverständlich. Am besten geht es über die Geschichte hier:
Im Bild siehst du die Bäckerei Brochmann in der Severinstraße. Genau an dieser Stelle war bereits „schon immer“ eine Bäckerei. Früher wurde sie nur von Schmitzens geführt. Und hier gab es ein Klientel, dass gern schnell an der Bäckerei Schmitz vorbei rannte, aber nicht hinein. Auf dem zweiten Bild siehst du den Blick, wenn Du Dich vor der Bäckerei stehend, nach links drehst: die Severinstorburg. Da wollen diese immer ganz gern recht schnell hin und durch und weg von Köln. Manchmal schafften sie das nicht. Warum?
In Köln ist im Mittelalter, wie in anderen Städten auch, die körperliche Bestrafung üblich. Es werden Köpfe abgeschlagen, Arme und Beine durch Räder geflochten, Menschen ersäuft und verbrannt, Körperteile wie Hände, Ohren, Nasen und was weiß ich alles, abgeschnitten und wenn man Glück hatte, nur ein wenig rumgeschlitzt, zum Beispiel Ohrringe aus den Ohrläppchen gerissen. Es geht eben etwas – sagen wir – körperlicher zu als heutzutage.
Nun gibt es aber auch die, die für vogelfrei erklärt werden. Diese sind frei von allen Rechten und werden vom Gefängnis, dass sich damals am nördlichen Ende der heutigen Frankenwerft befindet, über die Severinstraße aus der Stadt getrieben. Das sind ungefähr über zwei Kilometer und „getrieben“ ist nett formuliert. Jeder darf mal zuschlagen. Sie haben ja keine Rechte, dieser Abschaum. Und schlagen tu ich ja nicht mit der Faust – da kann ich mir ja selbst weh tun. Nein, ich nehme mir natürlich einen Knüppel, wenn ich mir nichts Gemeineres leisten kann.
Selbstverständlich brechen bei solch einer Behandlung schon mal Deine Rippen, Arme und Beine, oder Du bekommst keine Luft mehr und brichst zusammen. Tja, und wenn Du nicht laufen kannst, bleibst Du liegen und wenn Du liegst, gibt es Gnade oder eben nicht. Und wenn Du bis zur Hälfte der Severinstraße Glück hast – oder Geschick-, das Tor schon vor Dir siehst, kann Dir immer noch der nächste Knüppel das Bein brechen, oder den Schädel einschlagen. Erst wenn Du an der Bäckerei Schmitz vorbei bist, ja dann hast Du es geschafft.
Michael
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