Kölner Notbrot

Kölner Notbrot
Kölner Notbrot

Ein Brot? Ja, ich erzähle heute einfach mal über Brot. Es ist aber auch ein Stück Kölner Stadtgeschichte.

Es ist das frühe 20. Jahrhundert. Der erste Weltkrieg tobt seit dem 4. August 1914. Köln liegt in der Nähe der Westfront und ist Drehscheibe für die Truppenversorgung und nimmt Verletzte von der Front auf. Wenn auch kein Feind direkt an der Tür steht, findet der Krieg gerade auch in Köln statt.

In extremen Situationen benötigt man schlaue Köpfe, die den Überblick bewahren, wenn man nicht untergehen möchte. Einer dieser Köpfe ist ein späterer Superstar der Kölner und auch deutschen Geschichte: Konrad Adenauer.

Man weiß ja, was im Krieg geschehen wird: die Lebensmittel werden knapp. In Köln bildet man daher im April 1915 eine „Lebensmittelkommission“, Vorsitz Konrad Adenauer. Das ist für Köln eine richtig gute Entscheidung, rückschauend betrachtet.
Konrad Adenauer ist ja auch deswegen ein so erfolgreicher Politiker, weil er umsichtig und vorausschauend ist, wenn auch nicht immer vorsichtig, was seine Person betrifft. Das ist aber ein anderes Kapitel. Und er ist ein Tüftler und Erfinder. Eine nützliche Kombination, wenn man kreative Lösungen braucht.

Natürlich weiß auch Konrad Adenauer, an was es in Köln in Kürze mangelt: Weizen und Roggen für Brot. Er trifft sich daraufhin mit den Brüdern Jean und Josef Oebel, Bäckermeistern, und entwickelt ein neues Brot. Es muss nicht besonders gut schmecken. Es soll die noch ausreichend vorhandenen Rohstoffe zu einer genießbaren Masse verbinden, die Köln überleben lässt. Genannt wird es „Kölner Sparbrot“. Kennt heute keiner mehr. Aber der ein oder andere von euch kennt selbstverständlich das „Konrad-Adenauer-Brot“.

Die Basis ist Mais, Reis und Gerste. Das haben wir noch. Aber Mais kann man nicht einfach backen. Dazu braucht man auch Fachwissen. Ich glaube, deswegen benötigte er die beiden Bäcker-Brüder. Bestimmt waren sie es, die ihm zeigten, wie man Mais durch darren (leichtes anrösten) und brühen soweit vorbereitet, dass man ihn für ein Brot verwenden kann. Bereits am 2. Mai 1915 bekommt er das Patent für das „Verfahren zur Herstellung eines dem rheinischen Roggenschwarzbrot ähnelnden Schrotbrotes“ zugesprochen.

„Viehfutter“ nannten es die Kölner, weil sie die Zutaten sonst eher dem Vieh gegeben haben. Und staubtrocken soll es in kurzer Zeit gewesen sein. Immerhin konnten sie es überliefern. Viele haben ja überlebt.
Und so richtig schlecht kann es gar nicht sein. Ein Brot auf Grundlage dieses Rezepts, zugegeben, an den Zeitgeschmack angepasst, verkauft die Bäckerei Balkhausen in der Apostelnstraße noch heute. Da habe ich den Laib auf dem Bild her. Wenn ich es so betrachte, sieht es nach einem modernen Körnerbrot aus. So ändern sich die Zeiten. Früher ein Notbrot, heute eine Gesundbrot…

Wie es schmeckt? Ich weiß es jetzt. Ihr müsst es selbst probieren, wenn ihr mögt, unser Kölner Notbrot.

Michael

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