
Gestern saß ich in der Mittelstraße in einem Café, relaxte etwas, schaute mich um, und was entdecke ich? Eine Tafel mit einem Hinweis auf eine Schule. Klar, längst vergangene Zeiten. Hier auf dieser Straße regiert heute der Kaufrausch. Gut versteckt haben sie diese Tafel, halb in einem Hauseingang. Aber ich wäre kein Kölschgänger, wenn mir diese Tafel entgangen wäre. Nun ist natürlich meine Neugierde geweckt. Also erstmal lesen, was auf der Tafel steht, Bild machen, hektisch meinen Kaffee runterspülen und im Netz nach Informationen suchen. Bei solchen Entdeckungen geht mir der Gaul durch, irgendwann mal danach schauen geht nicht. Das muss jetzt sein.
Aber beim „Googeln“ die Ernüchterung, bekomme immer den Vorschlag „Agentenschule“. Im Netz ist so gut wie nichts zu finden. Also alles an Literatur aus dem Regal und Bücher wälzen. Am Ende ist es nicht allzu viel, was ich finden konnte, aber immerhin einiges.
Denken wir uns also ins Köln des Jahres 1814, es ist der Umbruch von der französischen zur preußischen Zeit in Köln. Die Zustände in der Stadt sind alles andere als gut, sehr schön hat es der Kölner Bankier Abraham Schaafhausen ausgedrückt, „Jesses, Maria, Josef, do hierode mer ävver en ärm Familich“.
Die sozialen Zustände in dieser Zeit waren schlecht, es mangelte an allem. Pfarrer Geistmann, an St. Aposteln tätig und gleichzeitig Mitglied der städtischen Armenverwaltung, forderte deshalb die Gründung von „Unterrichtsanstalten für arme Mädchen von 9 bis 14 Jahren in Köln. Durch ihn entstand die Stiftung der Agnetenschule im Jahre 1826. Bis ins Jahr 1841 war die Schule an der Ecke Neumarkt/Gertrudenstr. untergebracht, ehe sie in die Mittelstraße verlegt wurde. Im Jahre 1878 musste die Schule aufgegeben werden, aber ihr Vorstand existierte weiter und verwaltete die Vermögenswerte der Stiftung.
Dann, wir schreiben das Jahr 1891, richtete sich der Vorstand in einem Schreiben an den Kölner Erzbischof und bat um die oberhirtliche Genehmigung, die Agnetenschule wieder eröffnen zu dürfen. Damit die Chancen dazu besser standen, schlug der Vorstand vor, dass Dominikanerinnen die Leitung übernehmen sollen und dort eine Niederlassung zu gründen sei. Durch diesen klugen Schachzug wurde die Eröffnung der Agnetenschule erreicht. Die Schule wuchs beständig und schon bald mussten weitere Gebäude zugekauft werden. Die Anzahl der Schüler und des Personals wurde immer größer. Wurden 1892 „die alleinstehenden weiblichen Personen, die Armenküche, das Taubstummenkinderheim, die Handarbeitsschule, der Kindergarten und das Altersheim“ von fünf Schwestern betreut, so wuchs ihre Anzahl bis 1933 auf 30 Schwestern an. Also eine Erfolgsgeschichte. Spannend finde ich auch, welche „Abteilungen“ es in der Agnetenschule gab. Was für Zeiten.
Bereits 1897 war mit dem Bau eines Klosters mit Hauskapelle, Beetsaal, Schule, Schlaf- und Wohnräumen begonnen worden. Nebenbei wurde in Braunsfeld das Dreifaltigkeitskloster –und Krankenhaus gebaut, welches 1906 als Außenstelle des Agnetenstiftes eingerichtet wurde.
1935 wurde die Schule von den Nazis geschlossen und am 31.05.1942 brannte das Gebäude nach dem Beschuss mit Brandbomben aus. Der Luftschutzkeller allerdings blieb erhalten und sollte 1944 für 71 Menschen zur Todesfalle werden.
Im Jahre 1962 wurde das Richtfest für den Neubau an dieser Stelle gefeiert, Seitdem trägt diese Häusergruppe den Namen „Agnetenhof“. Auch wurde eine bronzene Gedenktafel angebracht. Vom Portal der Apostelkirche wurde ein „Gewändekämpfer“ über der Platte ins Mauerwerk eingelassen. So wird bis heute auf die Verbindung der Agnetenschule zur Apostelkirche hingewiesen. Auf diesen Kämpfer bezieht sich auch der erste Satz des Gedenktextes.
Eigentlich eine längst vergessene Geschichte aus dieser Stadt. Ich bin froh, diese Tafel entdeckt zu haben und konnte so mit diesem Beitrag die Erinnerung an ein altes Stück Köln wieder aufleben lassen. Auch dafür stehen wir Kölschgänger, und darauf sind wir stolz.
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