
Siegesstr. 18, 50679 Köln. Wir schreiben das Jahr 1959. Ein junger Mann übernimmt mit seiner Frau die Gaststätte von seinen Eltern, die diese seit 1945 geführt hatten. Ihre Namen: Hans und Annemie Lommerzheim…
Wie gesagt – eine ganz normale Gaststätte. Dass diese aber bereits nach wenigen Jahren schon Kultstatus besitzen würde, davon ahnten die beiden zu Beginn sicher nichts. Und bei meinem letzten Besuch in Köln kam ich dann endlich auch in den Genuss.
Ich dachte, ich sei vorbereitet. Aber im Nachhinhein muss ich gestehen…auf DAS konnte ich gar nicht vorbereitet sein. Öffnungszeit (offiziell): 16:30 Uhr. Bereits um 16:15 Uhr standen ca. 30 Leute vor der Tür. Und das hübsch in Reih und Glied und unglaublich geduldig.
16:25 Uhr. Die Schlange hinter mir ist mittlerweile länger als die vor mir. Da stehen tatsächlich um 16:30 Uhr zwischen 60 und 70 Leute, die darauf warten, dass geöffnet wird. Sowas kannte ich bisher höchstens vom Sonderpostentag bei Aldi. Nur mit dem Unterschied, dass hier nicht geschubst und gedrängelt wird.
Man kommt in Köln ja, wenn man in der Stadt unterwegs ist, mit dem einen oder anderen schon mal ins Gespräch (was hier nicht wirklich ein Problem darstellt) und viele, nein, eigentlich so ziemlich jeder wußte was zu erzählen, wenn das Gespräch auf Lommi kam. Dabei ist mir aufgefallen, dass die einzelnen Erzählungen sich allesamt deckten. Völlig unabhängig voneinander erzählten die Leute über diese Kneipe und ihren Wirt dasselbe. Ich hatte das Gefühl, jeder, der davon sprach, wurde in eine andere Zeit versetzt. Und jeder musste immer noch lachen über das, was er dort schon erlebt hatte. Ebenso erzählte wirklich jeder, dass Lommi eher sehr wortkarg war, für ihn aber seine Gäste an erster Stelle kamen und jeder gleich war. Ob Kölner oder Immi, ob einfacher Gast oder Präsident. Schade, dass ich ihn nicht kennengelernt habe, aber dafür war ich schon beim ersten Mal wohl mindestens 20 Jahre zu spät in dieser unglaublichen Stadt. So, weiter…
Selbst als dann geöffnet wurde, ging es noch mit Ruhe zu und jeder, der einen Sitzplatz ergattern konnte, durfte sich glücklich schätzen, denn der ca. 50 qm große Raum war schnell gefüllt. Und trotz dessen, selbst, wenn man mal kurz an die Luft wollte, oder ganz profan, schlicht zur Toilette musste, man wurde durchgelassen, ohne, dass da irgendein böses Wort fiel. Man geht freundlich miteinander um. Einfach nur schön. Wenn man sich hier umschaut, glaubt man, die Zeit wäre irgendwann einfach stehen geblieben. Aber genau das macht es ja aus. Man hält sich hier stundenlang auf und auch für einen selbst bleibt irgendwie die Zeit stehen. Man genießt einfach nur.
Wer keinen Platz mehr bekommen hat, ob nun im Keller oder oben im Gastraum bleibt eben einfach entweder an der Theke oder draußen vor der Tür stehen. Denn das wichtigste, ob nun sitzend oder stehend, drinnen oder draußen: es gibt Kölsch. Deswegen sind wir ja schließlich alle hier. Was ich wirklich klasse finde, sind die Köbesse. Trotz Hochbetrieb bester Laune, freundlich und vor allem…schnell. Das eine Kölsch ist noch nicht weg, da steht das nächste schon vor mir. Meinen Respekt und ein ganz großes Dankeschön an dieser Stelle an euch.
Kleine Bemerkung am Rande: das Essen hier schmeckt genial. Leid tun mir nur die armen Löwen, Tiger und Geparden im Zoo, denn wenn ich die Koteletts sehe, die hier auf Tellern an mir vorbeigetragen werden, dann können die nur aus dem Zoo entwendet worden sein und waren eigentlich zur Raubtierfütterung gedacht.
Wenn man dann noch das Glück hat, so wie ich, die Zeit mit lieben Menschen zu verbringen, macht das Ganze doppelt Spass.
Zum Glück hat man die Möglichkeit überhaupt noch, denn es gab mal die irrwitzige Idee zweier Museen, das Lommerzheim ausstellen zu wollen, was sich aber zerschlagen hatte. Am 31.12.2004 um 14:25 Uhr verließ das letzte geleerte Fass Kölsch die Kneipe. Die Eheleute schlossen ihre Gaststätte aufgrund gesundheitlicher und altersbedingter Gründe. Ein halbes Jahr später starb der Wirt dieser legendären Gaststätte. Nachdem das Lommi vier lange Jahre leer stand, wurde es im März 2008 im Beisein von Annemie Lommerzheim unter der Führung eines neuen Wirtes wiedereröffnet. Und wenn ich mir Bilder anschaue von damals, hat sich nicht viel verändert. Und das ist gut so.
Wegen genau solcher Erlebnisse und der Tatsache, dass es in Köln einige Menschen gibt, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, fällt es mir jedesmal schwerer, hier wieder wegzufahren. Um so größer ist die Vorfreude aufs nächste Mal. Um diese Stadt, ihre Menschen und liebgewordene Freunde wiederzusehen.
Bis bald
eure (inzwischen wieder nüchterne) Ramona
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