Der Komarhof

Komarhof Klettenberg

Ein kleines Reich

Am Komarhof komme ich oft vorbei, wenn ich zum Grüngürtel gehe. Ich kann dort nicht anders, ich muss immer kurz stehenbleiben und in mich gehen. Eigentlich mache ich nur kurz die Augen zu und versuche mir vorzustellen, wie das so war, auf so einem Hof zu leben – Und wenn ich weggehe, muss ich immer lachen.

So ein großer Hof war meist ja nicht nur ein Haus von einem kleinen Kohlbauern. Nein, das war eine kleine Welt für sich. Klar lag da Land drumherum, auf dem auch Kohl wuchs. Nur waren auf so einem Hof mehr als ein Bauer und Knechte und Mägde unterwegs. Man fand auch fast alle Handwerker, die man sich so vorstellen kann: Bäcker und Metzger, Schmiede und Schreiner, Schuster und Zimmerleute und was nicht alles sonst, was man braucht, damit so ein Hof unabhängig für sich selbst sorgen kann. Kein Wunder, dass solche Höfe sowas wie der Kern waren, aus dem viele Veedel erwachsen sind.

Eine schwierige Lage am Rand…

Beim Komarhof war das nicht so. In Klettenberg, Sülz und Zollstock gab es immer bekanntere Höfe. Der Komarhof lag etwas im Abseits. Vermutlich war dort ein kleiner See, ein kleines stehendes Gewässer, ein „Maar“ an dem Kühe gesoffen haben: Ko(h)-ma(a)r-hof. Es war eine Randlage und ist es noch.

Er liegt ja etwas versteckt. Vom Süden sind die Gleise der Eisenbahn wie ein Riegel, der ihn von Zollstock abtrennt. Im Norden haben wir die Häuser von Klettenberg, die alle höher sind. Auf dem Fußweg, der auch für Radfahrer gedacht ist, sieht man ihn erst spät dort hinter der Hecke stehen und wenn man mit dem Auto hin möchte, muss man sowieso wissen, wo er zu finden ist. Man kommt sonst nicht auf die Idee, die Geisbergstraße bis ganz ans Ende durchzufahren.

… und auch politisch ist es nicht einfach

Es gibt ja nicht viel über diesen Hof. 1348 findet sich eine Notiz, dass er ein Lehensgut des Stiftsklosters Sankt Maria im Kapitol ist. Das bedeutet, dass ein „Halve“ auf ihm säen und ernten durfte, aber eine Hälfte an das Kloster geben musste.

Aber das ist auch nur die halbe Wahrheit. Dieser Hof lag politisch auf einer Grenze. Das Haus stand auf kurkölnischem Gebiet, aber viel vom Ackerland war auf dem Gebiet des Grafen von Jülich. Da haben wir‘s! Jetzt habe ich gerade geschrieben, dass so ein Hof selbständig war. Der „Halve“ kam jetzt auf die Idee, dass der nächste weltliche Herr dann auch gut der Kaiser sein könnte. Sowieso hatte der Hof sich bereits mehr als ein Vierteljahrhundert selbst um die Abwehr von Kriegsvolk gekümmert. Darüber gibt es ein Dokument von 1543. Der Hof muss demnach so groß gewesen sein, dass er sich selbst verteidigen konnte!

Und dann wird es erst recht schwierig

Das wollt man aber hüben wie drüben nicht. Ob die Frage je eine abschließende Antwort gefunden hat, kann ich nicht mal sagen. Aber 1550 hat diesen Hof, zusammen mit dem Hof Klettenberg, der zur dieser Zeit reichste Bürger von Köln, Bürgermeister Ritter Arnold von Siegen, gekauft und zu einem herrlichen Rittergut gemacht. Jetzt kommt es: im Testament steht, dass dieser Hof an das Waisenhaus von Köln gehen sollte. Könnt Ihr Euch diesen Rechtstreit vorstellen, als Ritter Arnold 1579 stirbt?

Arnold von Siegen hatte das mit dem Waisenhaus vor allem deswegen eintragen lassen, weil er den Duffesbach, der ja an der Luxemburger Straße fließt, auf das Grundstück umleiten wollte und gehofft hatte, dass der Rat ihm so entgegen kommt. – Denkste. Das hat er nicht bekommen.

Als dann noch der einzige Erbe, sein Sohn, Junker Arnold von Siegen, schon 1581 stirbt, war der Streit fast unlösbar. Der Graf von Jülich gegen die Stadt Köln und den Kölner Rentmeister Sudermann, der mittlerweile den Hof Klettenberg gekauft hatte und damit direkter Nachbar war, und obendrauf der Erzbischof, versuchten, sich über die Grenzen des Hofes Komar und Zuständigkeiten zu einigen. Vielmehr, nicht zu einigen, sondern möglichst viel für sich zu bekommen. Man hat den anderen nichts gegönnt.

Es hat bis 1610 gedauert, bis man sich auf die Grenzen geeinigt hat.

Und wer lacht am Ende?

Und warum erzähle ich Euch die ganze Geschichte, bei der man sowieso nicht mehr durchsteigt? Wer kommt dann in dem ganzen Streit nicht mehr vor, obwohl schriftlich fixiert wurde, dass er den Hof bekommen sollte? Richtig! Das Waisenhaus. Wenn man wochentags dort vorbei kommt, spielen Kinder an diesem schönen Haus. Dort ist jetzt der „Mini-Club integrative KiTa Komarhof“ drin. Ist das nicht gut so?

Michael