
Die Faszination, die dieses, wenn auch im 16. Jahrhundert eigentlich schon aufgegebene, Bauwerk ausstrahlt, soll Anfang des 19. Jahrhunderts Menschen erreichen, die dafür sorgen werden, dass die Magie des Kölner Domes, der in seiner jetzigen Form so erst seit rund 140 Jahren besteht, noch heute lebt.
Nach dem Tod Meister Gerhards führen zwar noch Generationen von Dombaumeistern die Arbeiten am Bau des Domes im Sinne dessen fort, aber im Jahre 1560 geht das nötige Geld aus. Briefe zum Erlass der Sünden lassen sich nicht mehr verkaufen, denn die Angst der Kölner vor der Strafe Gottes ist in diesen Zeiten nicht mehr wirklich vorhanden. Auch der gotische Baustil ist längst aus der Mode gekommen und eher peinlich, als dass man stolz auf „seinen Dom“ wäre. Die Arbeiten kommen zum Erliegen und der Kran auf dem Südturm wird zum Wahrzeichen Kölns. Der längst nicht fertige Dom fällt für rund 300 Jahre in einen tiefen Schlaf…
…wir befinden uns im Jahre 1808, als der Kölner Kunsthändler Sulpiz Boisserée von der Vollendung des Domes träumt. Gemeinsam mit seinem guten Freund, dem Architekten Dr. Georg Moller, der unter anderem auch für den Fürsten von Metternich tätig ist, hält er sich immer wieder an der Domruine auf, um zu überlegen, wie Meister Gerhard seinen Dom wohl vollendet hätte. Erst im September 1814 kommt den Freunden ein unglaublicher Zufall zu Hilfe. Der Zimmergeselle Johannes Fuhrer entdeckt auf dem Dachboden eines Darmstädter Gasthauses ein altes Pergament, aufgespannt, um Bohnen zu trocknen. Darauf zu sehen: ein Bauplan…und über seinen Arbeitgeber gelangt dieses Pergament letztlich in die Hände Mollers. Und Georg Moller ist es, der glaubt, auch die zweite Hälfte des Bauplans in Paris entdeckt zu haben und teilt dies Sulpiz Boisserée mit, welcher aufgrund seiner guten Kontakte tatsächlich bei einem Pariser Kunsthändler fündig wird…
da sind sie nun…zwei Teile eines Planes, zusammengefügt als Grundriss, die Westfassade des Kölner Domes zeigend. Faszinierenderweise befinden sich beide Teile des Originalbauplans heute hinter Glas und durch einen Vorhang vor Licht geschützt, im Kölner Dom.
Was jetzt noch benötigt wird, ist Geld.
Selbst die Zeitung „Rheinischer Merkur“ erklärt in seiner Ausgabe vom 20.11.1814 den Weiterbau des Domes zur nationalen Angelegenheit.
Sulpiz Boisserée, der zwar inzwischen in der Politik diesbezüglich Gehör gefunden hat, wendet sich dennoch an seinen Freund, Johann Wolfgang von Goethe. Der Geheimrat, der vielmehr der italienischen Kunst zugewandt ist, kommt zuerst nur widerwillig nach Köln, um die gotische Ruine zu begutachten. Als er die unvollendete Kathedrale aber betritt, kann auch er sich der Magie nicht entziehen. Staunend steht er im bereits fertigen Chor, den Blick nach oben gerichtet und ihn befällt die gleiche Ehrfurcht, wie wir sie heute im Inneren des Domes spüren.
Sein Zuspruch und seine Unterstützung sind Boisserée sicher. Kurz darauf legt Goethe beim preußischen König ein gutes Wort für den Weiterbau ein. Dieser stimmt zu und stellt mehr als die Hälfte der Gelder für die Südseite mit der aufwändigeren Fassade zur Verfügung. Den Rest, sprich die kostengünstigere Nordseite soll über eine Lotterie des Dombauvereins finanziert werden.
Das Geld ist nun da. Da es bisher nur Pläne der Vorderseite gibt, entstehen nun, auch wieder mit Hilfe Boisserées, Berechnungen und Pläne. Gerüste in 155 Metern Höhe, was es zuvor nie gab, werden freischwingend angebracht und endlich, nach 300 Jahren, gehen die Arbeiten zur Vollendung des Kölner Domes weiter. Ich empfinde große Dankbarkeit diesen Menschen gegenüber, die ihren Traum, die Vision Meister Gerhards wieder zum Leben zu erwecken, nie aufgegeben haben.
Am Abend des 15. Oktobers 1880 wird der Dom vom deutschen Kaiser Wilhelm I. eingeweiht. Sulpiz Boisserée darf dieses Ereignis nicht mehr miterleben. Er stirbt 26 Jahre vor Vollendung seines Traumes.
Meister Gerhards Vision und Boisserées Traum…es gab sicher viele Menschen, die am Bau des Kölner Domes beteiligt waren…aber diesen beiden haben wir es zu verdanken, dass wir heute eine Kathedrale betreten dürfen, die uns bei jedem Besuch ihre Geschichte erzählt und uns ihre Magie fühlen lässt. Das ist der Grund, warum ich immer wieder hierherkommen werde. Denn wer das einmal gefühlt hat, kommt davon nicht mehr los.
Das ist die Geschichte unseres Domes. Ein Bauwerk, an dem noch immer viele Menschen arbeiten, um es uns und nachfolgenden Generationen zu erhalten.
Ich hoffe, diese Geschichte hat euch gefallen und wünsche euch nun noch einen angenehmen zweiten Weihnachtstag.
Bis bald, eure Ramona
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