
Habe ich Corona oder einfach nur einen Nach-Karnevals-Blues? Eigentlich ist es egal. Beides ist so unproduktiv, dass sie zum gleichen Ergebnis führen: ein Beitrag aus dem letzten Jahr muss herhalten und in Anbetracht der Lage, kann es nur einen geben:
Was ein Klotz. Ich gebe zu, anfangs hat er mich abgestoßen. Aber auch schon ein wenig fasziniert und dann wieder abgestoßen. Wichtig ist er ja, erschlägt aber Lindenthal etwas.
Das Bettenhaus der Uni-Klinik Köln ist immerhin 70 Meter hoch und hat 18 Geschosse. Die umliegende Wohnbebauung, also die kenne ich in Lindenthal in der Regel als höchstens viergeschossig. Könnt ihr Euch vorstellen, wie dieser Koloss da aus diesem Veedel herausragt?
Vielleicht kann man sogar sagen, dass er angemessen herausragt. „Universitäts-Klinik“ bedeutet ja auch, dass hier geforscht und gelehrt wird. Im Kern führt dies sogar auf das Jahr 1248 zurück. Ein wichtiges Jahr für Köln. Es ist ja das Jahr der Grundsteinlegung des Domes. Aber auch Albertus Magnus hat in diesem Jahr begonnen, im Auftrag der Dominikaner-Mönche zu lehren. Neben Philosophie, Theologie und Recht eben auch Medizin – der Ursprung unserer Universität. Seit diesem Jahr wird in Köln Medizin in universitärer Form mit Unterbrechungen gelehrt.
Die Kliniken selbst, beginnen ihre Geschichte im Jahr 1871. Die Stadt Köln kauft in diesem Jahr die „Heilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke des A.J. Maasen auf der Lindenburg bei Köln“. Der Begriff „Lindenburg“ geht dabei auf ein Landgut zurück, dass dem Antoniter-Orden gehörte und zwischen Bachemer- und Gleueler Straße lag. Längst vergessen, aber der Name „Lindenburg“ hält sich so selbstverständlich, dass die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) bis heute nur die Haltestelle „Lindenburg“ kennt und diese mit dem Zusatz „Universitätskliniken“ ergänzt hat. Versucht mal einem nicht Ortskundigen, vielleicht sogar auf englisch, klar zu machen, wo er hin muss, wenn es diesen Zusatz nicht gäbe. Oder?
Im Jahr 1908, also vor 112 Jahren, wird dieses Gelände zur Großklinik ausgebaut. Es hat damals bereits 1108 Betten. Ab dem Jahr 1919 wird Medizin hier gelehrt. Im Jahr 1953, als die Universität zu Köln vom Land NRW getragen wird, wechselt auch das städtische Krankenhaus Lindenburg als Universitätsklinik in diese Trägerschaft.
Im Jahr 1964 gewinnt dann das Architekturbüro Heinle und Wischer aus Stuttgart den Wettbewerb mit dem Entwurf zum Bettenhaus. Dieses wird im Jahr 1972 fertigstellt und sieht zu dieser Zeit wesentlich filigraner aus, als dieser glatte, verglaste Koloss. Das Wort meine ich nicht negativ, aber die alten Kölner werden wissen, was ich meine. Das alte Gebäude hatte klar sichtbare Balkone, was dem Gebäude tatsächlich eine freundlichere Struktur gab. Diese Glasfassade gibt es erst seit der Sanierung, die im Jahr 2012 abgeschlossen wurde – und nicht immer steht der Brocken so dekorativ im Sonnenlicht.
Aber egal. Die Funktion ist wichtig für die Menschen in Köln. In ungefähr 1500 Betten werden jährlich um die 63.000 Patienten stationär behandelt. Das zählt, finde ich. Da ist Eleganz irgendwie Nebensache.
Abends in den Wirtschaften, da kann man sich übrigens sicher sein, dass einer der fast 11.000 Angestellten, meist sogar ein Arzt und mehrere Schwestern im direkten Umfeld anwesend sind. Das ist doch gut, wenn der Fisch schlecht ist! Den ein oder anderen Patienten, den es nach der Operation zu einem frischen Kölsch treibt, findet man hier natürlich auch regelmäßig und hat etwas Mitleid.
Wen stört da schon das Knattern des Rettungshubschraubers? Mich nicht.
Michael
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