Vom Geusenfriedhof zum Marienbild

Geusenfriedhof bis Gasthof Zum Marienbild
Wir starten am Geusenfriedhof, dem ältesten, evangelischen Friedhof des Rheinlandes. Nachdem wir einen Rundgang über den Friedhof gemacht haben, spazieren wir ein Stück stadteinwärts zum Rathenauplatz. Es ist schon erstaunlich, welche wunderbare Oase der Förderverein hier hat enstehen lassen. Kinderspielplatz und Biergarten sind echt klasse geworden. Sogar Boule kann hier gespielt werden und einen Bücherschrank gibt es auch.
Gehen wir nun weiter. Unser nächstes Ziel ist der Aachener Weiher, den wir nach einem Stück durch die Grünanlagen erreichen. Wer möchte, kann ihn einmal umrunden und es gibt natürlich auch hier zwei Möglichkeiten, um einzukehren.
Auf der anderen Straßenseite geht es dann gleich mit Wasser weiter, denn nun spazieren wir den Lindenthaler Kanal entlang. Hier entlang zu schlendern, ist einfach herrlich.
Nach dem Lindenthaler Kanal geht es jetzt noch in den Lindenthaler Tierpark. Wir können kurzfristig festlegen, wir groß die Runde durch den Tierpark werden soll. Alternativ können wir uns auch gleich rechts halten und durch den Park in Richtung Aachener Straße gehen, um an unser heutiges letztes Etappenziel zu kommen, das Gasthaus „Gaffel im Marienbild“. Hier strecken wir jetzt die Füße aus und lassen es uns gut gehen.
Der Geusenfriedhof, 1584 angelegt, ist damit die älteste evangelische Begräbnisstätte des Rheinlands. Heute befindet er sich inmitten des dicht besiedelten Wohngebiets Köln-Lindenthal. Damals jedoch lag er außerhalb der Stadttore und bot damit, nach geltendem Recht, die einzige Möglichkeit für die reformierte Gemeinde, ein Begräbnis zu erhalten. Seit 1981 steht der Friedhof unter Denkmalschutz.
Der Begriff Geusen (gueux) ist auf den französischsprachigen Raum zurückzuführen und bedeutet so viel wie Bettler. Bezeichnet wurden mit diesem Ausdruck die aus den Niederlanden kommenden protestantischen Freiheitskämpfer, die als Glaubensflüchtlinge während des Achtzigjährigen Krieges (1568 bis 1648) nach Köln kamen. Doch auch hier waren zur damaligen Zeit die Anhänger der Refomation wenig willkommen. In der freien Reichsstadt Köln, die Anfang des 16. Jahrhunderts definitiv im katholischen Lager verblieben war, wurden die „Artfremden“ verhört, verfolgt und verhaftet. Ein protestantischer Gottesdienst oder gar eine Bestattung auf einem katholischen Friedhof innerhalb der schützenden Stadtmauern? – nicht nur unvorstellbar, sondern streng verboten! Allenfalls eine Verbrennung auf dem Elendsfriedhof, neben Selbstmördern, Ehrlosen und Hingerichteten kam in Frage.
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Umso skurriler die Entstehung des Geusenfriedhofs. Denn 67 Jahre nach der Publizierung der 95 Luther-Thesen wurde das Grundstück vor dem Weyertor ausgerechnet von einer katholischen Adligen, Ursula von Gohr zu Kaldenbroek, gespendet. Sie schaffte damit die erste und einzige Möglichkeit für die reformierte und lutherische Gemeinde, ihre Angehörigen auf einem christlichen Friedhof beizusetzen.
Offiziell genutzt wurde die Grabstätte bis 1829. Anschließend war es den protestantischen Toten gestattet, auch auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt zu werden, was dazu führte, dass 1875 die letzte Beerdigung auf dem Geusenfriedhof stattfinden sollte.
Heute ist das kleine Areal mit den halbverfallenen, überwucherten Gräbern ein idealer Ort für neugierige Spurensucher, die die Vergangenheit der Stadt fernab von Museen entdecken wollen. Die zahlreichen Grabplatten erhalten dabei nicht nur Lebensdaten der Verstorbenen, sondern sind auch mit kunsthistorisch wertvollen Darstellungen verziert. Familienwappen, alte Berufsbezeichnungen, Bildmetaphern des Todes, sowie Bibelinschriften prägen diese Grabplatten, Stelen, Säulen und Obelisken. Sie erzählen ausführliche Geschichten.
Wir gehen nun auf der Kerpener Straße weiter nach Osten in Richtung Gymnicher Straße und dann auf die Zülpicher Straße. Dort biegen wir links ab auf die Dasselstraße und dann rechts auf die Meister-Gerhard-Straße, wo wir wieder links abbiegen auf den Rathenauplatz, den wir nun erreichen.
Das erste, was Besucher des Rathenauplatzes sehen, ist der Biergarten, der natürlich sofort ins Auge fällt. Und das zu Recht. Wer ein paar Meter entfernt auf den ewig hektischen Ringen unterwegs ist und dann hier ankommt, der glaubt im ersten Moment, die Zeit wäre stehengeblieben. Ein so herrlich gelegener Biergarten mitten in der Stadt. Gleichzeitig ist der Rathenauplatz der größte Platz in der Neustadt. Früher hieß er Königsplatz und eigentlich sollte hier der Volksgarten angelegt werden. Da es Probleme mit dem Ankauf der Grundstücke gab, wurde der Volksgarten an seinem jetzigen Platz angelegt und hier am Rathenauplatz ist eine andere kleine Oase entstanden.
Wir bewegen uns in Richtung Görrestraße und biegen dann links in die Boisseréestraße ein. Nun kommen wir auf die Lindenstraße, der wir folgen, bis wir den Aachener Weiher erreichen.
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Diese Parkanlage wurde in den 1920er Jahren gebaut, damals war die Parkanlage noch flach. Hügelig wurde sie erst nach dem zweiten Weltkrieg, als hier Trümmer aufgeschüttet wurden. Es gab einmal einen sehr schönen Werbeslogan für das Gebiet um den Aachener Weiher. Er hieß „Zwischen Enten und Studenten“. Sehr passend. Direkt neben dem Weiher befindet sich das Museum für Ostasiatische Kunst. Sehr hübsch angelegt ist der Biergarten. Sogar einige große Schaukeln gibt es hier. Jedenfalls in „nicht-Corona-Zeiten“.
Wir verlassen den Aachener Weiher und überqueren die B264, um auf die Clarenbachstraße zu kommen, der wir nun entlang des Kanals folgen. Am Ende biegen wir links in die Brucknerstraße ab und gelangen automatisch auf die Rautenstrauchstraße und damit an den zweiten Teil der Lindenthaler Kanäle, dem Rautenstrauchkanal.
Die beiden kleinen Kanäle sind zusammen ungefähr 1,5 km lang. Clarenbach und Rautenstrauch wurden 1925 angelegt, um die beiden Grüngürtel zu verbinden. Besonders schön sind die beiden Kastanienalleen. Auf Höhe der Richard-Strauss-Straße überspannt eine kleine Brücke den Kanal. Hervorzuheben ist hier das Brückengitter, da es noch aus den zwanziger Jahren stammt. Hübsch sind auch die beiden Skulpturen rechts und links der Brücke.
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Nach dem Ende des Rautenstrauchkanals kommen wir an die Straße Stadtwaldgürtel. Hier biegen wir links ab und folgen ihr ein kleines Stück. Dann kommen wir an die Wüllnerstraße. Hier biegen wir rechts ab und folgen ihr in Richtung Lindenthaler Tierpark.
Am Ende dieses Weihers kommen wir auf die Hermann-Pflaume-Straße. Dieser folgen wir bis zur Aachener Straße. Nun biegen wir links ab und erreichen nach wenigen Metern das „Gaffel im Marienbild“.
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Das „Marienbild“ war früher mal eine Postkutschenhaltestelle, dann eine Dorfschule und seit vielen Jahren ist es ein Brauhaus. In alten Zeiten war es üblich, in einer Gastwirtschaft ein Bild der Mutter Gottes zu haben. Diese Tradition ist heute größtenteils ausgestorben. Im „Gaffel im Marienbild“ findet sich sogar eine Statue in der Fassade integriert. Leckeres Gaffel Kölsch im Ausschank sorgt für ein angenehmes Verweilen und der Biergarten hinten raus lässt die Hektik der Aachener Straße vergessen.
Viel Spaß beim Erkunden
Euer Ronald

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