Ein kleines Andenken

Bernd Vielhaber
Bernd Vielhaber

Allerheiligen ist nah.

Drum gibt es heute ein kleines Andenken an einen Menschen, der erst im vorigen Jahr verstorben ist. Aber damit Ihr vielleicht ein bisschen von dem verstehen könnt, muss ich zuerst kurz über eine Persönlichkeit aus der Historie Kölns schreiben.

Gottfried Hagen

Gottfried Hagen kennen bestimmt vor allem Menschen, die sich mit der Geschichte Kölns oder auch Literatur beschäftigen. Ganz bestimmt kennen ihn aber die Menschen, die sich in historischer Dichtkunst aus Köln auskennen. Sind das viele? Ich weiß es nicht.

Von 1230 bis 1299 lebt Gottfried Hagen. Geboren wird er in Xanten als Sohn von Gerhard Hagen, der dort der Subdiakon des Viktor-Stiftes war, und von Blanza Hagen. In Paris studiert er nicht Theologie, wie sein Vater, sondern Rechtswissenschaften und legt seinen Magister ab.

Viel weiß man nicht über die Zeit, sie liegt etwas im Dunkeln. Man weiß nicht mal, wann genau Gottfried von Paris nach Köln zog. Ab 1262 macht er sich hier einen Namen in seiner Funktion als Stadtschreiber, weil er als Spezialist für juristische Texte in deutscher Sprache gilt. Im Juni 1262 verfasst er den Bündnisvertrag zwischen Köln und dem Grafen von Berg und kurz danach die wichtige Sühneerklärung von Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg nach seinem Zwist mit der Stadt.

In der Folge schreibt er in der Form neuartige Rentenverträge, die es bis dahin so nur in Italien gab. Aber er konnte offensichtlich nicht gut mit dem Geld umgehen, dass er sicher bekommen hat. 1264 muss er aus der Not heraus für den unbeliebten Bischof schreiben – und es wurde etwas ruhig um ihn.

1268 wird im Namen des Papstes der Kirchenbann und das Interdikt (das Verbot, kirchliche Handlungen vorzunehmen) über Köln ausgesprochen. Hier tritt er nicht nur als Schreiber auf den Plan. Nein, weil er Jurist ist und sich auch gut in der Kirche auskennt, bekommt er den Auftrag, mit den päpstlichen Gesandten zu verhandeln. Zu dieser Zeit schreibt er auch ein Werk, das bis heute berühmt ist. Es ist eine Chronik Kölns in 6289 Reimversen, die die Zeit von der Christianisierung Kölns bis zu der Zeit, in der er lebt, beschreibt. Und eben diese Chronik ist mehr als ein schönes Gedicht in Reimen, sie prägt das Lebensgefühl der Kölschen dieser Zeit. Und wer weiß? Vielleicht hat er gerade damit bis in die heutige Zeit Einfluss auf das genommen, was wir meinen, wenn wir „Kölle ist ein Gefühl“ sagen.

Bernd Vielhaber

Bernd Vielhaber hat sich auch „Stadtschreiber“ genannt, obwohl er diese Funktion nie inne hatte. Auch hatte er sich den Namen „Godefrit“ für Facebook zugelegt. (Die Links findet Ihr nach dem Beitrag, ganz am Ende.)

Es gibt ja auch viele Parallelen. Gottfried hat seinen Weg aus Xanten hierhin gefunden und Bernd aus dem Sauerland. Beide waren Imis und von der Mentalität her nicht ganz kölsch. Aber sie waren auch fasziniert von der kölschen Art. Gottfried Hagen hätte doch niemals in seiner Freizeit dieses Werk mit über 6000 Versen geschrieben, wenn ihm Köln egal gewesen wäre. Und bei Bernd spricht allein die Erzählung, wie er am Veilchendienstag 1988 nach Ehrenfeld zieht, Bände darüber, wie fasziniert er war.

Viele seiner Werke lassen aber auch erkennen, wie er unter der Ungerechtigkeit litt, die ja so einfach auch Alltag ist. Verbissener Humor findet sich oft darin, wenn er dies an den Pranger stellt. Ich denke, er hat gehofft, dass die Welt ein bisschen besser wird, wenn er darüber schreibt – und auch das kann man ja bei Gottfried Hagen finden, oder? Ich muss auch sagen, Bernd war gut im Recherchieren. Sachen hat er gefunden, an denen ich gescheitert bin. Zum Beispiel habe ich mich oft gefragt, was da für zwei große Figuren in der Siegfriedstraße auf dem Dach stehen – bis ich dies bei Bernd gefunden habe.

Der Abschied

Wenn wir uns begegnet sind, haben wir uns zuerst immer gegenseitig ein bisschen bewundert – ich ihn, weil er besser recherchieren und schreiben konnte als ich und er mich (oder uns), weil wir mit Kölschgänger viel mehr gelesen werden als er. Was soll ich sagen? Der letzte Eintrag auf Facebook vom 3. September 2019 ist ein „dito“ über einem Link auf unsere Website „Kölschgänger. Stories über unsere Stadt und ihre Menschen…“. Bis heute weiß ich nicht, ob es Trotz oder Verbundenheit ist, die dieses Wort ausdrückt. – Kurz darauf stand ich an seinem Grab. Ich werden ihn fragen, wenn wir uns wieder treffen und hoffe, es dauert noch einen Moment, bis ich das kann.

Kann man sagen, dass Bernd und Gottfried hier auch Woche um Woche immer ein bisschen mitschreiben?

Michael

Hinter diesen Links findet ihr Bernds Seite und die angesprochenen Artikel:https://www.koelnerstadtschreiber.de/https://www.koelnerstadtschreiber.de/karnevalsdienstag…/https://www.koelnerstadtschreiber.de/skulpturenpaar-auf…/Und hier seine Facebook-Seite.https://www.facebook.com/Godefrit

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