Der Geusenfriedhof – Ein längst vergessener Ort?

Der Geusenfriedhof

Der Geusenfriedhof 1584 angelegt, ist die älteste evangelische Begräbnisstätte des Rheinlands. Heute befindet er sich inmitten des dicht besiedelten Wohngebiets Köln-Lindenthal. Damals jedoch lag er außerhalb der Stadttore und bot damit, nach geltendem Recht, die einzige Möglichkeit für die reformierte Gemeinde, ein Begräbnis zu erhalten. Seit 1981 steht der Friedhof unter Denkmalschutz.

Der Begriff Geusen (gueux) ist auf den französisch-sprachigen Raum zurückzuführen und bedeutet so viel wie Bettler. Bezeichnet wurden mit diesem Ausdruck die aus den Niederlanden kommenden protestantischen Freiheitskämpfer, die als Glaubensflüchtlinge während des Achtzigjährigen Krieges (1568 bis 1648) nach Köln kamen.

Doch auch hier waren zur damaligen Zeit die Anhänger der Reformation wenig willkommen. In der freien Reichsstadt Köln, die Anfang des 16. Jahrhunderts definitiv im katholischen Lager verblieben war, wurden die „Artfremden“ verhört, verfolgt oder verhaftet. Ein protestantischer Gottesdienst oder gar eine Bestattung auf einem katholischen Friedhof innerhalb der schützenden Stadtmauern? – nicht nur unvorstellbar, sondern streng verboten! Allenfalls eine Verbrennung auf dem Elendsfriedhof, neben Selbstmördern, Ehrlosen und Hingerichteten kam in Frage.IMG_20200328_114543

Umso skurriler die Entstehung des Geusenfriedhofes. Denn 67 Jahre nach der Publizierung der 95 Luther-Thesen wurde das Grundstück vor dem Weyertor ausgerechnet von einer katholischen Adligen, Ursula von Gohr zu Kaldenbroek, gespendet. Sie schaffte damit die erste und einzige Möglichkeit für die reformierte und lutherische Gemeinde, ihre Angehörigen auf einem christlichen Friedhof beizusetzen.

Offiziell genutzt wurde die Grabstätte bis 1829. Anschließend war es den protestantischen Toten gestattet, auch auf dem Kölner Melaten Friedhof beigesetzt zu werden, was dazu führte, dass 1875 die letzte Beerdigung auf dem Geusenfriedhof stattfinden sollte.IMG_20200328_114505

Heute ist das kleine Areal mit den halbverfallenen Gräbern ein idealer Ort für neugierige Spurensucher, die die Vergangenheit der Stadt fernab von Museen entdecken wollen. Die zahlreichen Grabplatten erhalten dabei nicht nur Lebensdaten der Verstorbenen, sondern sind auch mit kunsthistorisch wertvollen Darstellungen verziert. Familienwappen, alte Berufsbezeichnungen, Bildmetaphern des Todes, sowie Bibelinschriften prägen diese Grabplatten, Stelen, Säulen und Obelisken. Sie erzählen ausführliche Geschichten.IMG_20200328_114231

Vielen Dank an den Bertuch Verlag Weimar sowie an Julia Meyer für die Unterstützung.IMG_20200328_114324

Kleiner Tipp, da der Eingang nicht so leicht zu finden ist: Zugang über den Parkplatz am Evangelischen Klinikum Weyertal. Haltet euch nach rechts, dann den Zaun entlang gehen. Nach ein paar Schritten findet ihr dann das kleine Eingangstörchen.

Bleibt neugierig und aufmerksam
euer Ronald

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